Gericht Ebsdorf und frühere Rechtsprechung
Der Gerichtsweg verläuft durch den alten Dorfkern in Ebsdorf und weist mit seinem Namen darauf hin, dass in dieser Straße einst Recht gesprochen wurde.
Ebsdorf war der Hauptort des Gerichtes Ebsdorf, das Hessen als Mainzisches Lehen von 1249 bis 1802 besaß.
Zu diesem Gericht gehörten die Ortschaften:
Hachborn, Hassenhausen, Erbenhausen, Ilschhausen, Leidenhofen, Heskem, Mölln, Dreihausen, Wermertshausen und Roßberg.
Gericht Ebsdorf
Der Gerichtsplatz selbst befand sich in Ebsdorf östlich der Kirche auf einem heute noch erhaltenen Steinrondell.
Dort
steht ein Baum, der Gerichtslinde genannt wird. Unter ihr (eher wohl
unter der Vorgängerin) sollen schon früher die Gerichtsversammlungen
abgehalten worden sein, weil nach Anschauungen unserer heidnischen
Vorfahren auch die Götter unter der Esche Gericht hielten.
Nach dem Bau eines festen Hauses, wurden Gerichtssitzungen im Gerichtshaus, dem späteren Gemeindehaus, abgehalten.
Den
Vorsitz führte stets der Schultheiß von Ebsdorf. Ihm standen 12
Schöffen zur Seite. Die Gerichtspersonen saßen auf großen Stühlen um den
Tisch der Ratsstube.
Sie erschienen zu den Sitzungen in ihrem
Kirchenanzug, dem blauen Kirchenrock mit dem stehenden Kragen und eine
Reihe von Knöpfen sowie einem dreieckigen Hut, dem sog. Dreimaster.
1466 kamen in Ebsdorf die Abgesandten der hessischen Städte zusammen.
1786 wurde das Gericht Ebsdorf mit dem Gericht Treis an der Lumda zusammengelegt.
Während
des Bestehens des Königreichs Westfalen wurde aus dem Gericht Ebsdorf
ein Kanton gebildet, in dem ein Friedensrichter die zivile
Gerichtsbarkeit ausübte.
Seit 1866 werden die gerichtlichen
Angelegenheiten vom Amtsgericht Marburg wahrgenommen. Zwischenzeitlich
gehörten aber Hachborn und Ilschhausen noch zu dem in zwischen
aufgelösten Amtsgerichtsbezirk Fronhausen.
Rechtsprechung früher
In
Rom gab es den Ausspruch: " Fiat justitia, pe reat mundus" (Die Welt
mag untergehen, wenn nur das Recht gilt). Die Welt ist aber weder ohne
noch mit Justiz untergegangen.
Die Erkenntnis, dass das Recht des
Stärkeren oft das größte Unrecht sei, hatten die Menschen schon, seit
sie im Sippenverband lebten.
Anfänge der Rechtsprechung
Zur
Zeit des Götterglaubens, ja selbst noch im christlichen Mittelalter,
hatte jeder Bezirk, so klein er auch war, sein eigenes Volksgericht.
Dieses
trat in einem heiligen Walde zum Rechtsspruch zusammen. Priester- und
Richteramt waren vereint mit dem Volksgericht und Gottesdienst, denn der
Priester war zugleich Richter.
Auch
in Hessen lag die rechtsprechende Gewalt, seitdem seine Fürsten die
Landeshoheit in vollem Umfang erreicht hatten, in den.Händen des
Landesherren.
Die Landgrafen übten die Gerichtsbarkeit durch ihre
Regierungen, Kanzleien und Ämter aus, durch Behörden, die die
Hoheitsrechte des Fürsten in Abhängigkeit von ihm zu wahren hatten.
Zwar
waren die hessischen Landgrafen regelmäßig darauf bedacht, ihren mit
der Rechtsprechung befassten Behörden die Einhaltung des
Gerechtigkeitsdenkens einzuschärfen, eine unabhängige Justiz im heutigen
Sinne gab es aber nicht.
Rechtsprechung und Verwaltung waren grundsätzlich Aufgabe derselben Behörde, wenn auch nicht immer derselben Person.
Die Idee der Gewaltenteilung Heutzutage sind die Richter unabhängig, frei von staatlichen Eingriffen und nur dem Gesetzt verpflichtet.
Allerdings ist diese Idee nicht ganz neu.
Der
Franzose CharIes de Montesquieu (1689-1755), wahrscheinlich durch den
Engländer Jon Locke inspiriert, versuchte in seinem 1748
veröffentlichten Hauptwerk Oe I'E-sprit des Lois (von dem Geist der
Gesetze) die Gesetzmässigkeiten der Geschichte zu analysieren und
entwickelte eine Lehre der Gewaltenteilung.
Er verfocht die Theorie,
dass die gesetzgebende (Legislative: Bundestag), ausführende
(Exekutive: Regierung, Verwaltung) und rechtsprechende (Judikative:
Gerichte) Gewalt jeweils auf mehrere Instanzen verteilt werden müsse, um
den Menschen Rechte und Freiheit zu garantieren.
Heute sind in allen demokratisch regierten Staaten die Gewalten "getrennt".
"Gerechtigkeit" heute
Auch
heute noch gilt, dass Gerichte keine "Gerechtigkeit" herbeiführen
können. Denn sie richten sich nach den Gesetzen (nicht nach ihrem
Gerechtigkeitsgefühl) , und sprechen danach Recht.
Die Gesetze werden nicht von den Richtern gemacht, sondern von der gesetzgebenden Gewalt (Legislative: Bundestag).
Da
liegt es auf der Hand, dass die geschaffenen Gesetze nicht immer mit
dem subjektiven Gerechtigkeitsgefühdes Einzelnen übereinstimmen.
Literatur:
Otto Bähr "Der Rechtsstaat"; Kassel 1864;
"Der Ebsdorfer Grund"; Franz Kaiser, "Ebsdorfergrund"